Chorfestival: Mit La-Ola-Wellen und Regenschirmen
Die Juventus Singers Beromünster unter der Leitung von Dorothea Frisch und Patricia Flury haben das Michelsamt durch ihre Teilname am Schweizer Kinder- und Jugendchorfestival SKJF in St. Gallen würdig vertreten. Drei reichhaltige Tage liegen hinter ihnen, wie der folgende Reisebericht zeigt.
(Bericht von Patricia Flury)
Voller Vorfreude und mit gut gefülltem Liederrucksack haben wir am letzten Freitag die Zentralschweiz verlassen und sind mit 30 Kindern und Jugendlichen nach St. Gallen gefahren. Gleich bei unserer Ankunft am Bahnhof gaben wir auf einer Showbühne unser erstes kleines Konzert, bevor uns die grosse Check-in-Schleuse aus Zelten und Metallgittern mitsamt Koffer und Regenschirmen verschluckte.
Während sich unser Gepäck bereits auf den Weg in unsere Unterkunft ins nahe Appenzell machte, wurden wir von unserer lokalen Betreuerin Petra abgeholt und ins Athletikzentrum geführt.
Es herrschte ein riesiges Gewusel: Überall hörte man Chöre einsingen, Chorleiter nach ihren Sängern rufen, Klatschspiele und Rufchöre in jeder Schweizer Landessprache. Zusammen mit 2200 anderen Sängerinnen und Sängern suchten wir uns in der grossen Festivalarena einen guten Platz. Los ging’s! Nach einem gemeinsamen «Hello»-Kanon aus unserem Songbook, das jeder Chor schon vor Festivalbeginn erhalten hatten, zeigten 20 Kinderchöre die Arbeit ihres ersten Workshops. Und dann begann das erste grosse Kribbeln: Jeder Chor hatte 30 Sekunden Zeit, sich zu präsentieren. Da war bereits klar, dass die drei Festivaltage sehr abenteuerlich werden würden. Einige Präsentationen waren wild, die anderen bestanden aus sportlichen Choreographien und wieder andere hatten mit einem Hustenintermezzo alle Lacher auf ihrer Seite.
Mit Schirm, Charme und Schlafsack
Da es danach immer noch wie aus Eimern schüttete, spurteten wir zum Nachtessen in die nahegelegene Kantonsschule und gleich wieder zurück ins Athletikzentrum. Obwohl wir uns eher wie für ein Pfadilager als für ein Chorwochenende angezogen hatten, kamen nicht alle Kinder ohne nasse Kleider davon und unser Juventus-Sektor wurde erstmal in eine Schuh- und Jackenauslage umfunktioniert.
Beim grossen 1. Festivalkonzert um 19.30 bekamen wir einen Einblick in die Arbeit der anderen Chöre. Insgesamt waren 50 angemeldet und es herrschte eine begeisterte Atmosphäre wie in einem Fussballstadion. Die ersten La-Ola-Wellen rauschten durch die Tribünen. Da unseren kleinsten Chorkindern schon die Augen zufielen, waren wir froh, als wir den Bus zu unserer Zivilschutzunterkunft besteigen konnten. Die Reise führte uns über die Kantonsgrenze nach Heiden in Appenzell Ausserrhoden, wo uns die Zivilschutzleute und ein anderer Chor aus Zug schon erwarteten. Die Bettenverteilung verlief rasch und das Abkommen über die Nachtruhe im Massenschlag mit unseren Zimmerkolleginnen aus Zug auch. Dachten wir…
Zumindest wissen wir nun, wie es klingt, wenn bei Dunkelheit Chips gegessen oder T-Shirts zurechtgeschnitten werden. Die violetten Festival-T-Shirts mussten nämlich modetechnisch noch ein bisschen angepasst werden, notfalls auch im Schein der Handytaschenlampe. Tipps und Anschauungsmodelle dafür waren überall auf den Damentoiletten zu finden.
Singend durch «Singgallen»
Was dann am nächsten Morgen geschah, war definitiv ein Highlight im Programm! Beim gemeinsamen Singen in der Kathedrale vibrierte die Luft regelrecht vom Klang der 2200 Stimmen. In den Bänken hinter uns sassen Basler Jugendliche von der Musikakademie, die sich sofort mit unseren Kleinsten angefreundet haben. Das haben wir dann am Sonntag bei unserem offiziellen Konzert auch bemerkt: Die Basler Ecke in der Halle hat mitgeklatscht, mitgesungen und mit Handytaschenlampen gewinkt.
Das Mittagessen fand auf dem Klosterplatz neben der Kathedrale statt. Was wir bei dieser Gelegenheit erfahren haben: St. Galler Bratwürste werden niemals mit Senf gegessen. Das würde ihren Geschmack untergraben, sind die St. Galler überzeugt. Bei der anschliessenden Singtour durch die Innenstadt zeigte sich St. Gallen das erste Mal ein bisschen versöhnlicher und die Sonne blickte ab und zu durch die Wolkendecke. Wir sangen auf dem Bärenplatz und die Akustik war durch die umliegenden Häuser besonders schön. Viele Menschen blieben stehen um den hellen Kinderstimmen zu lauschen.
Gleich danach waren wir als Teil eines Begegnungskonzerts in der St. Laurenzen-Kirche eingeplant. Zusammen mit zwei Chören aus dem Wallis sangen wir während einer Viertelstunde aus unserem Programm vor und feuerten uns dabei gegenseitig an. Bei dieser Gelegenheit konnten wir einen Kontakt knüpfen und vielleicht folgt schon bald eine Reise ins Oberwallis…
Gigantische Stimmung in der Arena
Am Sonntagmorgen stand dann unser eigentliches Konzert auf der grossen Bühne auf dem Programm. Obwohl wir alle sehr müde waren und uns beim Einsingen immer wieder die Augen zufielen, konnten wir mit unseren 7-minütigem Programm (ein Schweizer Volkslied, ein Beatles-Song, ein «Feeling-good»-Gospel und das bekannte Popstück «You raise me up») ein bisschen Gänsehaut auf die Arme unseres Publikums zaubern. Es war schön zu sehen, dass man auch als kleiner Chor und mit leisen Tönen die Menschen berühren kann.
Als wir nach unserem Konzert von der Bühne kamen, haben wir von einem Welschen Chor spontan ein Tanzspiel gelernt, das wir schon überall gesehen hatten und unbedingt lernen wollten. Mit Händen und Füssen (die Kleinen), mit Englisch (die Grösseren) und mit viel Gelächter funktionierte die Verständigung gut. Wir werden dieses Spiel nun in unser Repertoire für Weekends und Konzertreisen aufnehmen.
Beim Schlusskonzert um 14:00 Uhr war die Arena noch einmal bis auf den letzten Platz besetzt und die letzten Chöre zeigten ihr Programm. Wir genossen jeden Augenblick dieser ausgelassenen und doch enorm friedlichen Stimmung und bedankten uns mit immer wiederkehrenden Sprechchören und Wellen für die tolle Organisation dieses Mammutanlasses. Das Einzige, was einen augenzwinkernden Rüffel auslöste, war die Tatsache, dass die Moderatoren ihre Ansprache in Deutsch, Französisch und Italienisch hielten, das Rätoromanische aber vergassen. Im Gegenzug dafür gab das OK dann sämtliche Informationen nur auf französisch und italienisch mit der Anweisung, die Deutschsprachigen sollen sich bei ihren Welschen und Tessiner Kollegen erkundigen, was natürlich einen grossen Begeisterungssturm und ein Riesengelächter auslöste.
Dieses Festival hat uns gezeigt:
- St. Gallen ist eine wunderschöne Stadt, auch für das gelegentliche Shopping zwischendurch.
- Welsche sind gar nicht so komisch, sondern sogar sehr hilfsbereit!
- Das Schweizer Volkslied ist nicht tot! Ein Chor hat mit einem Jazztrio und Plastikröhren sogar richtig viel Schwung in «Zyt isch do» gebracht!
- Nicht nur eine grosse Show mit Licht und schwierigen Choreographien, sondern auch leise Töne und helle Kinderstimmen können Menschen mitreissen.
Unsere Heimreise verlief lustigerweise deutlich lauter als die Hinreise. Wir sangen sämtliche Kanons aus unserem neu gelernten Repertoire und versüssten unseren Mitreisenden die Zugfahrt. Unser Gepäck war voller neuer Ideen für Themen, Konzerte, Choreographien, neuer Lieder und Kanons. Der Liebling war eindeutig der Fruchtsalat-Kanon (Mango, Mango-Mango… ).
Und so stiegen wir dann in Beinwil auch aus dem Zug: Laut singend, müde und glücklich. Nach diesem gigantischen Weekend sind wir uns noch sicherer: Chorsingen ist cool!
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